Englische Stilmöbel als Reproduktion
VON Heinrich Hubertus Allgemein
Damit aber jedermann in den Genuss dieser herausragenden englischen Klassiker kommen kann, stellen einzelne Möbelhersteller hochwertig verarbeitete Reproduktionen her, die allgemein als englische Stilmöbel bezeichnet werden. Die englische Stilmöbelkultur entstand etwa in der Epoche zwischen 1700 bis 1830. Nachfolgend stellen wir Ihnen die Stile Chesterfield und Windsor vor, die bis heute nachhaltig den Typus „englische Stilmöbel“ prägnant verkörpern.
Chesterfield-Sofa – die Ikone der englischen Stilmöbelkultur
Seit Jahrzehnten ist das komfortable und repräsentative Chesterfield-Sofa ein Synonym für Eleganz, Stilsicherheit und Luxus, was in keinem anspruchsvollen Interieur fehlen sollte. Früher waren Chesterfield- Möbel noch Statussymbole der Elite. Heute sind die Reproduktionen auch in anspruchsvollen Privaträumen und im Büro zu finden. Das ursprüngliche Sofa soll seinen Namen vom weltmännischen 4. Earl of Chesterfield, Philip Dormer Stanhope (1694–1773) erhalten haben, der den bekannten schottischen Architekten und Möbeldesigner Robert Adam (1728–1792) mit der Anfertigung eines Sitzmöbels beauftragte, in welchem Gentlemen aufrecht und mit höchstem Komfort sitzen konnten.
Kapitonierung und gerollte Armlehnen
Adam kreierte dann die charakteristisch tief geknöpfte Polsterung, die gerollten Armlehnen, die gleich hohen Arm- und Rückenlehnen sowie die mit Ziernägeln versehene Vorderfront. Weitere klassische Merkmale des Chesterfield-Sofas sind die sogenannte Kapitonierung der Lederflächen, die Sofarückenform und die noch heute bestehende Sitzflächenhöhe. Das klassische Chesterfield-Sofa wird heute meistens mit einem hochwertigen braunen Lederbezug als Sitzoberfläche verkauft. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde es aber auch mit prächtigem Samt und hochwertig gemusterten Stoffen bezogen. Das Chesterfield-Sofa war eines der ersten voll gepolsterten Sofas, die ohne Sichtholz hergestellt wurden.
Chesterfield-Sofas stehen in repräsentativen Büroräumen, Lounge-Bereichen der grossen Hotels oder im exklusiven Interieur von Privaträumen. Im Stil von Chesterfield werden auch viele Klubsessel, Bürostühle oder Sitzbänke hergestellt.
Die Geschichte der Windsor-Stühle
Ein weiteres berühmtes Beispiel für englische Stilmöbel ist der sogenannte Windsor-Stuhl. Windsor-Stühle werden heute als hochwertige Gartenstühle oder als exklusive Interieur-Stühle in Form hochwertiger Reproduktionen im Handel angeboten. Der berühmte Windsor-Stuhl entstammt einer Legende, die sich auf eine Fuchsjagd bezieht, an der King George II. (1683–1760) teilnahm. Die Jagd in der Nähe von Windsor Castle wurde vor einem starken Sturm unterbrochen, der King George II. zwang, im Haus eines Bauern Unterschlupf zu suchen. Dieser bat King George einen Stuhl als Sitzgelegenheit an. Der Komfort und die Schlichtheit des Stuhles beeindruckten den damaligen König so sehr, dass er anschliessend seine Möbeltischler im Schloss beauftragte, den gleichen Stuhl mit der markanten Form für seine Schlossgäste anzufertigen. Dies war die Geburt des berühmten Windsor-Stuhls.
Die ersten Kreationen der heutigen Windsor-Stühle wurden gegen Ende des 16. Jahrhunderts in der Umgebung der Stadt Windsor in der englischen Grafschaft Berkshire hergestellt, wo sich auch die bekannte Residenz der königlichen Familie Schloss Windsor befindet. Der tatsächliche Ursprung des Designs sowie der Bezeichnung der Windsor-Stühle ist aber bis heute nicht belegbar, da es kaum schriftliche Dokumente, Möbelformen und Designs ländlicher Herkunft gibt. Der Begriff Windsor-Stuhl kann auch aus dem Stuhlverkauf des wöchentlichen Marktes von Windsor hergeleitet worden sein, da dieser Stuhltyp in den verschiedenen Betriebsstätten rund um die Stadt zum Verkauf angeboten wurde. Der Name könnte aber ebenso durch die Stühle entstanden sein, die im Garten von Schloss Windsor als Gartenstühle verwendet wurden.
Die geschichtliche Dokumentation des Windsor-Stuhls
Die früheste schriftliche Aufzeichnung zu einem Windsor-Stuhl kommt erstaunlicherweise aus Amerika, wo der Kaufmann John Jones aus Philadelphia in einer Inventarliste Windsor-Stühle auflistete. Eine weitere schriftliche Dokumentation über den Windsor-Stuhl stammt aus dem Jahr 1726, als der Lieutenant Governor von Pennsylvania Patrick Gordon in seinem Hausrat unter anderem mehrere Windsor-Stühle aus England aufführte. Auch die Kolonialisten waren von der extravaganten Stuhlform derart fasziniert, dass sie sofort damit begannen, den Windsor-Stuhl nachzubauen.
In England lässt sich der Begriff Windsor-Stuhl für das Jahr 1718 schriftlich belegen, als der englische Gartenarchitekt und Autor Steven Switzer (1682–1745) in einem Bericht über Gartenbau und Gartengestaltung einen prunkvollen Garten beschrieb, in dem sich ein sogenannter Windsor-Stuhl befand. Ebenfalls bereits im 18. Jahrhundert hat der Stuhlbauer John Brown of St. Paul’s Churchyard mit folgenden Worten seine Werbung für Gartenstühle gestaltet: „Windsor-Gartenstühle, in allen Grössen, grün lackiert oder naturfarben“. Einen gemalten Windsor-Stuhl kann man auf einem Gemälde von Jacques Rigaud aus dem Jahr 1733 ausfindig machen.
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