200 Jahre Porzellanherstellung in Bayern - eine Sonderausstellung
Das Porzellanikon teilt sich in zwei Standorte in Selb und in Hohenberg a. d. Eger. In Selb sind in einer ehemaligen Fabrik des Herstellers Rosenthal gleich drei Museen untergebracht: das Europäische IndustrieMuseum für Porzellan, das Europäische Museum für Technische Keramik sowie das Rosenthal Museum. In Hohenberg befindet sich in der früheren Direktorenvilla der Firma Hutschenreuther das Deutsche Porzellan Museum. Auf Grund der langen und erfolgreichen Tradition im Land ist es kein Zufall, dass die Ausstellungsstätten in Bayern liegen.
Diese Tatsache wird nun mit einer umfassenden Exhibition gewürdigt. Vom 18. Juli bis zum 30. November 2014 zeigen die Museen rund 2’000 Exponate aus der umfangreichen Sammlung, die insgesamt mehr als 200’000 Stücke vorweisen kann. Den Besucher erwartet ein Einblick in alle Facetten der Geschichte und Vielfalt des Porzellans, seiner Herstellung und Gestaltung.
Hohenberg bietet dabei eine Zeitreise durch die Historie von der Gründung der Manufaktur Carolus Magnus Hutschenreuther bis zum Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989. Auf einer Fläche von 1’700 Quadratmetern wird nicht nur aufgezeigt, warum ausgerechnet in Nordbayern im 18. Jahrhundert so viele Manufakturen und Fabriken entstanden. Ebenso wird der Wandel der Geschmäcker, der unterschiedlichen Produktionsmöglichkeiten sowie der Vertriebswege dargestellt.
Wie wirkte sich das Lebensgefühl der 1920er Jahre, der Zeit des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg oder der Flower-Power-Zeit auf das Porzellandesign aus? Wie weit beeinflussten die Machtergreifung Hitlers und die Nazijahre die Branche? Wie haben die Unternehmen ihre Muster vor Nachahmung und Raubkopien geschützt? Welche Verknüpfungen bestanden zwischen Kunst, Mode und Porzellandesign?
Die Produktpalette weltbekannter Firmen wie Hutschenreuther, Seltmann, Rosenthal, Bauscher oder Heinrich deckt viele unterschiedliche Bereiche ab – vom Tafelgeschirr über Souvenirs und Puppenköpfe bis hin zu Industrieprodukten wie Isolatoren. Prächtig und kunstvoll bemalte Vasen sind ebenso zu bestaunen wie exklusives Geschirr, Sammeltassen, Spielzeug, die sogenannten Türkenbecher für den besonders stilvollen Kaffeegenuss oder von berühmten Künstlern gestaltete Objekte, darunter Salvador Dalí.
Zahlreiche kuriose Exponate in den Vitrinen des „Kabinetts der Besonderheiten“ bieten Anlass zum Staunen und Schmunzeln – Barttassen, eine Josephine-Baker-Figur samt Bananenrock, eine Blumenvase, die für den Schah von Persien gefertigt wurde oder auch knallbunte Hippie-Figuren.
Die Ausstellung in Selb setzt einen anderen Schwerpunkt und zeigt Exponate aus der Produktion der letzten 25 Jahre: vielfach ausgezeichnetes Design, derzeitige Trends und einen Blick in die Zukunft des Porzellans im 21. Jahrhundert. Hinzu kommen zahlreiche Videoinstallationen und Inszenierungen, in denen das letzte Vierteljahrhundert der Porzellanbranche aufgearbeitet wird. Auf der einen Seite schaffen international anerkannte Designer faszinierende Dekore und Formen für Markenproduzenten, die auf Messen und Ausstellungen in aller Welt mit Erfolg präsentiert werden, auf der anderen Seite mussten seit dem Mauerfall sehr viele kleine und auch einige grosse Unternehmen ihre Tore schliessen.
Eine andere Abteilung in Selb steht unter dem Motto „Design als Innovationstreiber“. Hier werden die gestalterisch herausragendsten 50 Produkte vorgestellt, die in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten in Bayern entstanden und ein besonders ausgefallenes Design oder ein ungewöhnliches Konzept bieten. Verantwortlich für die Auswahl war eine Fachjury, die übrigens auch die Designer selbst präsentieren will.
Ein weiterer Teil der Ausstellung zeigt formvollendete Exponate und die grosse Vielfalt an Designs und Dekoren des Landhausstils, des Purismus, von Future Form und Nachhaltigkeit. Porzellan als Gebrauchsgegenstand, Mode- oder Repräsentationsobjekt – hier bekommen die Besucher einen guten Einblick in die unterschiedlichen Formen von Porzellan. Darüber hinaus geht es aber auch um Themen wie Eleganz und Kunstfertigkeit in Farbe und Form, Innovation und Funktionalität sowie Wirtschaftlichkeit und Ökologie. Dabei steht die private Tischkultur zu Hause genauso im Fokus wie die Hotel- und Restaurantgastronomie, die seit einigen Jahren mehr und mehr Bedeutung erlangt hat.
Oberstes Bild: © porzellanikon.org