Ein neues Kleid für Wand und Decke: Optimale Vorbereitung ist der halbe Erfolg

Lange Zeit galten Tapeten als Inbegriff der bürgerlichen Muffigkeit. Das hat sich gründlich geändert: Das traditionelle Einkleiden von Wand und Decke ist wieder in, und der Fachhandel präsentiert eine Vielzahl schöner und spannender Tapetenkollektionen.

Das Handwerk des Tapezierens hat allerdings immer noch die gleichen Tücken wie eh und je.

Wer sich dabei nicht ärgern will, sollte sich und seine Wohnung gut vorbereiten. Denn beim Tapetenwechsel ist das Vermeiden von Fehlern viel leichter als deren nachträgliche Korrektur.


Dieser Artikel gehört zur mehrteiligen Serie „Tapezieren wie ein Profi“:

Teil 1: Ein neues Kleid für Wand und Decke: Optimale Vorbereitung ist der halbe Erfolg

Teil 2: Wänden und Decken richtig schön eine kleben: Tapeziertechnik für Flächen, Ecken und Kanten


Zuerst muss die alte Tapete weg

Die Versuchung, eine neue Tapete über eine bereits vorhandene zu kleben, ist so gross, dass viele Heimwerker ihr erliegen. Tatsächlich kann man damit auch Glück haben, dafür gibt es jedoch keine Garantie. Dass die alte Tapete noch überall fest an der Wand hält und eine gleichmässige Oberfläche hat, ist kein Argument – deswegen muss die neue noch lange nicht auf der alten kleben bleiben.

Ebenfalls ärgerlich ist, wenn sich später die Strukturen, Übergänge oder gar Flecken der alten Tapete durchdrücken – das lässt die neue Tapete sofort wieder alt aussehen und wirkt wie gewollt und nicht gekonnt. Im schlimmsten Fall lösen sich irgendwann sämtliche Tapetenschichten gemeinsam vom Untergrund ab – am liebsten nachts und ganz leise, dann ist die Überraschung nach dem Aufstehen perfekt.

Vor allem mehrfach überstrichene Tapeten können vom Kleister nicht mehr ausreichend durchdrungen werden – die Farbschicht hat gewissermassen ihre Oberfläche versiegelt. Wird sie beim Einkleistern feucht und angelöst, vermischt sie sich mit dem Kleister, und dieser Brei besitzt nach dem Trocknen keine ausreichende Haftkraft mehr. Zudem sind Schäden oder feuchte Stellen an der Wand unter alten, gestrichenen Tapeten bestens getarnt. Sie können im Verborgenen weiter wachsen und irgendwann für richtig grossen Ärger sorgen.

Aus diesen Gründen raten Profis immer zum Entfernen der alten Tapete vor dem Anbringen einer neuen. Sind die alten Schichten erst einmal ab, sieht man sofort, in welchem Zustand sich der Untergrund befindet und welche weiteren Reparaturen bzw. Vorbereitungen notwendig sind. Schon das gute Gefühl, genau zu wissen, wie die Wand im Grundzustand aussieht, rechtfertigt den zusätzlichen Aufwand. Dazu kommt, dass Arbeiten an einer perfekt vorbereiteten Grundfläche sich viel mehr lohnen – sie sind leichter, bringen schönere Ergebnisse und halten länger.


Profis raten immer zum Entfernen der alten Tapete vor dem Anbringen einer neuen. (Bild: © shutterstock.com)

Ein Tipp am Rande: Eine Tapete, die schon so oft überstrichen worden ist, dass sich ihre ursprüngliche Struktur höchstens noch erahnen lässt, sollte nicht noch einmal überstrichen, sondern ebenfalls gewechselt werden. Denn Farbe ist schwer, und zu viel davon kann die Tapete so beschweren und versteifen, dass sie bricht, reisst oder sich ablöst. Wenn sie ihre Atmungsaktivität verliert, kann sich ausserdem leichter Feuchtigkeit dahinter ansammeln – und auch unsichtbares Schimmelwachstum ist schädlich für das Wohnklima und die Gesundheit.

Vorbereitung des Untergrunds

Vor dem Tapezieren stehen das Entfernen von Rückständen und losem Material sowie das Spachteln schadhafter Stellen. Der Untergrund muss glatt, sauber, trocken und tragfähig sein – Schlampereien sind später auch durch dicke Tapeten hindurch zu erkennen.

So bereiten Sie Wände und Decken professionell für ihre neuen Gewänder vor:

  1. Welche kleinen oder grösseren Schäden (Risse, Löcher etc.) sind zu beheben? Durch Sichtkontrolle, Abklopfen, Abkratzen und Abbürsten (Stahl- oder Drahtbürste) der Flächen finden Sie Schadstellen und entfernen loses Material.
  2. Erweitern Sie feine Risse ein wenig (z. B. mit Kelle oder Spachtel), entstauben Sie Sie und feuchten Sie Sie gegebenenfalls an, damit der Füllspachtel besser hält.
  3. Wenn es richtig staubt und sandet, tauchen Sie einen Quast oder dicken Pinsel in Wasser und nässen Sie die Schadstelle vor dem Ausbessern grosszügig ein. Verwenden Sie ein Reparaturmaterial, das die gleiche Körnung hat wie Ihr Untergrund, um die Übergänge gut kaschieren zu können.
  4. Sehr tiefe Risse können durch Bewegungen des Hauses (natürliche Material- und Erdbewegungen) entstanden sein. Damit der geflickte Riss nicht bald wieder aufbricht, armieren Sie die Stelle mit Glasfasergewebe. Das wird einfach zugeschnitten, auf die unterste Schicht Spachtelmasse gelegt und dann mit weiteren Füllschichten bedeckt, bis Sie die Stelle glätten können.
  5. Glätten Sie Reparaturgips, Putz oder Füllspachtel nicht mit einem nassen Schwamm oder Lappen, wenn Sie später Tapete darauf kleben möchten. Reiben und Wischen machen die Oberfläche rau und rasch wieder uneben. Nutzen Sie stattdessen je nach Flächengrösse eine Glättkelle (Traufel), eine kleine Kelle oder einen Spachtel. Nach dem Abbinden können Sie feine Unebenheiten mit Schleifklotz, Handschleifpapier oder dem Schwingschleifer beseitigen.
  6. Bevor Sie mit dem Tapezieren beginnen, entstauben Sie Ihre Baustelle noch einmal gründlich und tragen Sie einen Acryl-Tiefengrund auf. So wird der Untergrund tragfähig und stabil. Bleiben Sie geduldig und halten Sie bei allen Vorbereitungsarbeiten die empfohlenen Trocknungs- und Wartezeiten ein.


Vorbereitung von Material und Tapezierplatz

Messen Sie die entsprechenden Wand- und Deckenflächen vorher aus, um zu wissen, wie viele Rollen Tapete Sie benötigen. Dabei helfen Ihnen die Standards: Eine sogenannte Eurorolle ist 53 Zentimeter breit und 10,05 Meter lang, damit können Sie rund 5 Quadratmeter tapezieren. Als Faustformel gilt: Multiplizieren Sie Raumhöhe und Raumumfang und teilen Sie das Ergebnis durch 5 – dann wissen Sie, wie viele Eurorollen Sie brauchen, um dieses Zimmer zu tapezieren.

Raufasertapeten sind üblicherweise ebenfalls 53 Zentimeter breit, aber viel länger – meist sind 33 Meter auf einer Rolle, was für rund 17 Quadratmeter reicht. Sie können die oben genannte Faustformel für Raufaser einfach abändern, indem Sie das Ergebnis durch 17 teilen.

Kaufen Sie nicht einfach irgendeinen oder den billigsten Kleister, sondern den, der am besten zu Ihrer neuen Tapete passt:

  • Einfacher Tapetenkleister ist prima für normale Papiertapeten.
  • Spezialkleister sorgt für optimalen Halt von Raufaser- und einfachen Gewebetapeten, Textiltapeten und Prägetapeten.
  • Vliestapetenkleister ist für Vliestapeten (wie) geschaffen.
  • Kraftkleister befestigt Tapeten aus Vinyl und Strukturvinyl, Kunststofftapeten und schwere Profiltapeten sicher an der Wand.

An Werkzeugen und Zubehör brauchen Sie einen Tapeziertisch, eine Kleisterbürste, eine Kleisterspritze, eine Tapezierbürste, einen Nahtroller und zum Zuschneiden ein Beschneidelineal und gegebenenfalls einen Cutter.

Im zweiten Teil dieser Serie geht es zur Sache: Darin lesen Sie, wie Sie die Tapete professionell auf die Wand bringen und gängige Fehler vermeiden.

Fazit: Tapezieren ist nicht einfach, aber auch kein Hexenwerk. Zu den häufigsten Anfängerfehlern gehört es, einfach loszulegen – darum geht es hier vor allem um die richtige Vorbereitung als Grundvoraussetzung für sicheres Arbeiten und nachhaltige Erfolgserlebnisse.

 

Oberstes Bild: © Kristin Gründler – fotolia.com

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Mehr zu Christine Praetorius

Christine Praetorius, Jahrgang 1971, spricht und schreibt über Neues, Altes, Schönes und Kurioses. Ich liebe Sprache und Musik als die grössten von Menschen für Menschen gemachten Freuden – und bleibe gerne länger wach, um ihnen noch etwas hinzuzufügen. Seit 2012 arbeite ich mit meinem Mann Christian als freie Texterin, Autorin und Lektorin.

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