Kastenfenster – Modernisierung ist möglich
Immer mehr alte Fenster verschwinden aus vielen Stadtbildern, denn im Zeitalter der Wärmedämmung und Energieeffizienz scheinen sie nicht mehr passend zu ein. Das gilt auch für die Kastendoppelfenster, die in Deutschland und Europa seit Jahrhunderten verbreitet waren.
In Berlin zum Beispiel sind sie noch an vielen Gebäuden zu sehen. Ulrich Tschorn, der Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade (VFF), Ulrich Tschorn, hält die Demontage der alten Kastendoppelfenster für mehr als bedauerlich. „Das ist bei vielen altehrwürdigen Gebäuden der falsche Weg. Der Erhalt dieser kulturhistorisch wertvollen Fenster durch eine ganzheitliche Aufarbeitung ist ohne grossen Aufwand möglich.“
Nach „Altberliner Art“
Kastendoppelfenster der „Altberliner Art“ bestehen aus zwei Einfachfenstern, die über ein Futter miteinander verbunden sind. Beide Flügel lassen sich separat öffnen, erst die innere Ebene, dann die äussere. „Durch diese Art des konstruktiven Aufbaus hatte man ein Energiesparfenster ohne Wärmeschutzbeschichtung und ohne Thermopenscheibe – natürlich nicht ganz so effektiv, wie moderne Fenster, aber dennoch sehr wirkungsvoll“, so Tschorn.
Immerhin erreichten die alten Fenstersysteme einen Wärmedämmwert von 3.0 W/(m2K). Dieser kann mit entsprechenden Modernisierungsmassnahmen – in diesem Falle einer Runderneuerung der alten Fenster – auf einen zeitgemässen Wert von bis zu 0.9 W/(m2K) gesenkt werden und der klassische Anblick des Gebäudes bleibt erhalten.
Ein Berliner Best Practice-Beispiel
Ein grossartiges Beispiel dafür ist die Modernisierung des ehemaligen Verbandshauses der deutschen Buchdrucker in Berlin. Das Wohnhaus wurde in den Jahren 1924 bis 1926 von den Architekten Max Taut und Franz Hoffmann in der damals angesagten Zweifarbigkeit erstellt. „Die energetische Sanierung dieses schönen Gebäudes musste aufgrund der einzigartigen architektonischen Bauweise unter Berücksichtigung der Anforderungen des Denkmalschutzes erfolgen“, so der Geschäftsführer des mit der Fenstererneuerung beauftragten Berliner Unternehmens, Detlef Timm.
Unter anderem wurden die strassenseitigen Kastenfensterkonstruktionen überarbeitet, die als durchgeschobene Fenster – also fassadenbündig montierte Kastenfenster ohne Anschlag – vorhanden waren. Dazu kam die Modernisierung der grossflächigen Balkonfenster-Türkonstruktionen. Diese waren zum Teil als tiefe Blumenfenster ausgeführt worden – mit einer Futtertiefe von 200 bis 250 Millimetern, wobei der so gewonnene Platz tatsächlich zur grosszügigen Darbietung von Blumen Verwendung fand. „Hofseitig wurden ausserdem die Kastenfenster hinter einem Anschlag mit starker Sprossenornamentierung ertüchtigt – mit viel Liebe zum Detail und unter Bewahrung der alten Optik“, so Timm.
Komplexer Vorgang erfordert Know How
Im Ergebnis entstanden durch die Runderneuerung bauzeitliche Fensterkonstruktionen mit verbessertem Wärme-, Schall- und Wetterschutz, wobei die Gebrauchs- und Funktionseigenschaften sowie der hohe ästhetische Wert erhalten blieben. „Eine solche Runderneuerung ist ein komplexer Vorgang, der viele verschiedene Gewerke beinhaltet. Dazu zählen Tischler, Maler, Glaser und Klempner“, erklärt der Unternehmer.
Sie müsse daher ganzheitlich angegangen und von einem spezialisierten Fensterbaubetrieb ausgeführt werden, der alle notwendigen Arbeiten gewerkeübergreifend anbieten kann und über die geeigneten Produktionsmittel und Werkstattausrüstungen verfügt. Das Beispiel zeige einmal mehr, mit wieviel Einsatz die deutsche Fenster- und Fassadenbranche nicht nur bei der Schaffung neuer Produkte, sondern auch bei der Bewahrung der klassischen und erhaltenswerten Architektur zu Werke gehe.
Artikel von: Verband Fenster + Fassade
Artikelbild: Das restaurierte Verbandshaus. (© VFF/ Hans Timm Fensterbau)
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