Schadstoffarmes Wohnen: So wohnen Sie 'bio'

Wenn Sie sich mit Nachhaltigkeit und Naturnähe beschäftigen, wollen Sie wahrscheinlich nicht bei Bio-Nahrungsmitteln und Fair-Trade-Kleidung haltmachen. Die ökologische Verträglichkeit der eigenen vier Wände ist ebenfalls essenziell für einen gesunden, ganzheitlichen Lebensstil. Aber auch wenn bei Ihnen diffuse Krankheitsbilder wie Kopfschmerzen, Schwindel, Abgeschlagenheit oder Schlafstörungen auftreten, kann die Ursache eine unentdeckte Schadstoffausdünstung in Ihrer Wohnung sein.

Deshalb sollten Sie zuallererst die Wohnung auf Schadstoffquellen untersuchen. Das ist zunächst leichter gesagt als getan, denn häufig lebt man mit denselben Möbeln, Stoffen, Farben und Bodenbelägen schon eine ganze Weile und kann deren Herkunft nicht mehr eindeutig nachvollziehen. Nicht selten tragen Vorbewohner oder Vermieter die Verantwortung für den Bau und die letzte Renovierung und die damals verwendeten Materialien.

Diese können oft über einen langen Zeitraum Toxine oder Allergene an die Raumluft abgeben. Wenn die Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit etc. immer wieder auftreten, nachdem Sie sich längere Zeit in einem Raum oder Ihrer Wohnung aufgehalten haben, kann schlussendlich nur eine chemische Analyse Gewissheit verschaffen. Bausachverständigenbüros und Baubiologen können hier weiterhelfen. Mit einer gründlichen Raumluftmessung wird zunächst eine tatsächliche Belastung und ihr Ausmass festgestellt. Anschließend werden die weiteren Schritte besprochen. Gehen Sie sicher, dass es sich dabei um ein anerkanntes Prüfverfahren handelt! Auch ein (allerdings kostenpflichtiger) Anruf bei der Stiftung für Konsumentenschutz in der Schweiz und der Verbraucherschutzzentrale in Deutschland kann sinnvoll sein.

Bevor Sie aber uneingeschränkt Proben von allen guten Stücken in Ihrer Wohnung nehmen lassen, können Sie zunächst die möglichen Schadstoffquellen selbst eingrenzen. Tatsache ist: Theoretisch können es viele sein. Alle Möbel, je nach verwendetem Material und Lackierung, Tapeten, Farben und Lacke, Teppiche und Teppichkleber, Leder, Stoffe und Matratzen, Holzvertäfelungen, Fensterrahmen, Einbauten und Fussbodenbeläge, können belastet sein.

Die möglichen stofflichen Ursachen variieren ebenfalls. Es können Lösemittel in Klebstoffen, Farben oder Lacken, Flammschutzmittel in Tapeten oder Matratzen, Weichmacher in Fussbodenbelägen, Polstermöbeln oder bestimmten Tapeten, Holzschutzmittel, Pestizide durch Insektenbekämpfungsmittel, Formaldehyd in Spanplattenmöbeln, Kleb- und Schaumstoffe, künstliche Mineralfasern in Rohrverkleidungen oder Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) im Parkettkleber sein, um nur die häufigsten zu nennen.

Schadstoffausdünstungen können also auch vom Haus selbst und nicht der Inneneinrichtung stammen. Zum einen wurden vor den 1980er Jahren oft Wandaufbauten unter Formaldehydnutzung konstruiert. Die verwendeten Holzschutzmittel waren ebenfalls häufig gesundheitsbelastend und sind manchmal nur übermalt, aber nicht entfernt worden. Das Problem hierbei: Schwerflüchtige Substanzen können über Jahrzehnte ausdünsten – lange, nachdem sie an sich schon verboten sind und in neueren Bauvorhaben nicht mehr genutzt werden. Schnell hochgezogene Häuser oder schlampige Renovierungen wiederum können zu Feuchtigkeitsansammlungen und Schimmelsporenentwicklung führen.

Es lohnt sich also vor allem in Mehrparteienhäusern, mal mit den Nachbarn zu sprechen, bevor Sie Ihr liebstes Möbelstück entsorgen. Wenn diese ähnliche Probleme vermelden, sollte über ein Gespräch mit der Verwaltung nachgedacht werden. Ansonsten ist es wichtig, das Problem innerhalb der Wohnung einzugrenzen. Tritt es in allen Zimmern auf oder nur in einigen? Häufiger als gedacht werden die Beschwerden auch durch Reinigungsmittel hervorgerufen. Stellen Sie sofort auf Putzmittel auf bio-organischer Wirkstoffbasis ohne Chemie um.



Tauschen Sie, wenn möglich, nach und nach Spanplatten- und beschichtete Möbel gegen geölte oder gewachste Vollholzmöbel aus solidem, nachwachsendem, FCS-zertifiziertem Holz aus. Achten Sie vor allem bei Holzsorten aus den Tropen auf dieses Siegel. Auch diese werden in den Wochen nach der Anschaffung ausdünsten – das ist ganz normal. Neue Möbel sollten deshalb die erste Zeit in Ihrer Wohnung in einem separatem Zimmer, noch besser auf dem Balkon oder in der Garage, verbringen, falls die Wetterbedingungen es zulassen. Das gilt insbesondere für die neue Einrichtung des Babyzimmers! Da hier oft alle Möbel auf einmal gekauft werden, Neugeborene aber auch besonders empfindlich auf Ausdünstungen reagieren, sollten zwischen Ausstattung des Zimmers und Bezug bestenfalls zwei bis drei Monate liegen.

Wenn Sie schöne, alte, solide Holzmöbel restaurieren, um Sie anschliessend zu lasieren oder zu wachsen, sollten Sie besser nicht mit Abbeizer arbeiten, sondern die Flächen mechanisch bearbeiten – auch wenn das Schleifen mit ein wenig mehr Arbeit verbunden ist. Tragen Sie dabei eine Staubmaske und arbeiten Sie unbedingt im Freien! Geht dies aus Zeitgründen nicht, dann verwenden Sie eine lösemittelfreie Lauge.

Lassen Sie sich bei der Auswahl Ihrer Farben und Lacke von einem qualifizierten Spezialisten beraten – oder, besser noch, wählen Sie direkt Naturfarben ohne chemische Zusätze. Allerdings sollten Sie sich in letzterem Fall ebenfalls an ein Fachgeschäft mit dem Fokus auf Naturfarben wenden, da diese ein anderes Deckverhalten haben als Sie es vielleicht vom Selberstreichen gewöhnt sind.

Alte Teppiche sollten gegen solche mit natürlicher Pflanzenfärbung ausgetauscht werden. Allerdings: Manche Qualitätssiegel und fast alle Händlerketten handeln nur mit Wollteppichen, die mit Insektiziden zum Schutz gegen Motten und Käfer behandelt wurden. Diese enthalten aber so gut wie immer Nervengifte, die vor allem für darauf spielende Kinder gefährlich werden könnten. Schauen Sie sich deshalb bewusst nach Bio-Alternativen um. Achten Sie bei der Beseitigung von verlegtem Teppich darauf, dass absolut keine Rückstände des Teppichklebers zurückbleiben. Bevorzugen Sie natürliche Stoffe, die nicht chemisch beschichtet wurden.

 

Oberstes Bild: © Ase – Shutterstock.com

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Mehr zu Caroline Brunner

Caroline Brunner ist freiberufliche Online-Journalistin mit Fokus auf Arbeitspsychologie, Entrepreneurship, Kommunikation, Karriereplanung, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen.

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